Die Nüchternheit des Seins

Nachdem der Sportwart sich monatelang ins tiefe Schweigen verflüchtigt hat, ist er heuer wieder aufgetaucht, um von seiner Ostseereise zu berichten. Denn dort bei HansA in Rostock, durfte der VfL Bochum sein schon berühmt berüchtigtes Spielkönnen unter Beweis stellen.

So zog es den Sportwart in aller Frühe zum Bochumer HBF hin, wo er auf seinen Reisekameraden Spatzel traf. Beide waren vom Tag vorher noch schwer gezeichnet und machten nicht gerade einen fidelen Eindruck. Nachdem sie alle Bekannten und Unbekannten begrüßt hatten, unter anderem auch Herrn Rudi mit seinem Otto, konnten sie eine morgendliche handfeste Diskussion zwischen Fußballfans und „Normalos“ erleben.

Die Debatte dauerte nicht all zu lang und endete, na sagen wir mal, unentschieden, so das der Sportwart, Spatzel und die vielen anderen Reisewilligen nun hurtig zum Bahnsteig stiefeln konnten, um dort den ankommenden IC „Deichgraf“ zu besetzen. Als denne der Sportwart und Spatzel ihr privates Stück ICE in Beschlag genommen hatten, versuchten sie sich an einem Döschen Alsterwasser. Dieser Versuch misslang aber vollkommen. Auch der Genuss eines zweites Wässerchen schlug fehl, so das der Sportwart und Spatzel für den weiteren Verlauf der Zugreise den Genuss von berauschenden Getränken einstellten!

So, dat verkraftet erst einmal, bevor der Sportwart weiter berichtet.

Nun, hab ihr euch erholt? Nicht? Ist ja auch ein schwerer Brocken. Aber nichts desto trotz, die Reise ging auch ohne Genussmittel für den Sportwart und Spatzel weiter. Klar sehenden Auges erlebten sich nun die Zugfahrt, welche sie über die Stationen Dortmund, Münster, Osnabrück, Bremen bis nach Hamburg-Harburg führte. Die Reise verlief für die beiden eigentlich recht ruhig, nur die ständigen Fragen ob ihrer Gesundheit und nach dem Warum des Seins der Nüchternheit, nervten doch ein wenig. Der Sportwart und Spatzel empfahlen darob den unzähligen besorgten Fragern, sich doch gefälligst um die mitreisenden Essener, welche in St. Pauli ihr Match hatten, zu kümmern, anstatt die Meditation der beiden BUJUs ewig zu stören. Doch das haben sie ja nun auch nicht getan. Nä, wie sich die Zeiten ändern. Früher, ja früher………

In Hamburg-Harburg stieg dann die ganze Gesellschaft in einen ICE ohne Namen um, welcher sie nun nach Rostock bringen sollte. Beim Umsteigemanöver konnten sie einen Sonderzug bewundern, welcher die HSV-Anhängerschaft gen Pillendreher-Stadt transportierte.

Im ICE ohne Namen fanden der Sportwart und Spatzel auch ihr Plätzchen und setzten itzo ihren Weg durch die Nüchternheit des Seins fort. Auch sehr ernst und besorgte Anfragen, ob der Aufnahmeverweigerung von Genussmitteln, durch den Herrn Fanbeauftragten „Moppel“ und der Obermaus Timo, konnten den Sportwart und Spatzel nicht dazu bewegen alkoholhaltige Getränke zu sich zunehmen. So konnten sie dann weiter klaren Blickes den Weg bis nach Rostock, welcher sie über die Ortschaften Bergedorf, Schwerin, Bad Kleinen und Bützow führte, verfolgen.

Unterwegs kamen dann noch Fragen von den beunruhigten Magics ob, wieso, und weshalb, sowie die Ankündigung von Herrn Rudi, seine Füße in die Ostsee zu stecken. Ups…, na gut, wenn er meint, die See hält das aus, bitte schön, nur zu. Der Sportwart und Spatzel würden ihn nicht daran hindern.

In Rostock angekommen, verteilte sich der Reisemob in alle vier Himmelsrichtungen, wobei es den Spatzel und den Sportwart zum Stadthafen von Rostock zog. Ein Taxometer brachte die beiden geschwind dort hin und sie begannen mit einem ausgedehnten Spaziergang an den Kaianlagen. Hier bewunderten sie moderne Yachten und alte Holzsegelklipper. Auch die Güte des Hafenwassers wurde von beiden geprüft und für, nun ja, ähm , für ausreichend erklärt. Ebenfalls wurde die raue, aber äußerst angenehme Meeresbrise, wohlwollend gewürdigt.

Da plötzlich ließ die beiden Sirenengeheul und Blaulicht aufmerken. Und wie von magischer Hand geführt, gelangten sie zum Ausgangspunkt des Spektakels. Dort fanden sie keine Keilerei, sondern ein Event der grün und blau gekleideten Polizeischutztruppen vor. Von den Klängen eines dänischen Polizeiorchesters begleitet, bewunderten der Spatzel und der Sportwart den Fuhrpark der Gendarmen. Unter anderem gab es diverse Schiffe, ein Räumfahrzeug des Grenzschutzes, Helikopter und einen Wasserwerfer zu bestaunen. Ja, und der Wasserwerfer hatte es den beiden besonders angetan.

Und so war es auch nicht verwunderlich, das beide feuchte Augen bekamen, als der Wasserwerfer samt Besatzung seine Fähigkeiten demonstrieren durfte. Auch ward das ein Schauspiel. Herrlich, wie dieser zwei Meter fünfzig breite und über, ach was weis der Sportwart denn wie lang, und über vier Meter zwanzig hohe Werfer, allerdings nur bei ausgefahrenen Monitoren, seine Qualitäten bewies. Nach diesem Spektakulum erste Kajüte beschlossen der Sportwart und Spatzel den Rundgang an den Hafenanlagen zu beenden und ein wenig das Zentrum von Rostock zu erkunden.

Bei ihrer Wanderung durchs Zentrum trafen sie erst auf den Herrn Fanbeauftragten, welcher auf Nahrungssuche ward, und dann auf Timo samt Begleitung. Keiner der Herrschaften konnten aber Spatzel und den Sportwart von ihrem Weg auf der Nüchternheit des Seins fortbewegen. Nein sie wanderten weiter fort durch Rostocks Gassen und Winkeln und kamen als dann zu einem Ort, welchen sie bereits im Februar des Jahres erkundet hatten. Dieser Ort, beherbergte nun wie der Düwel es zu wollte, ein kleines Gasthaus. In dieses spazierten sie nun hinein, nahmen ein Plätzchen an der Theke ein und bestellten sich ein Aqua Mineralis und tätä tätä tätä ein wenig Nordhäuser, zwecks Labsal der Kehlen, die durch die raue Meeresluft leicht angekratzt waren.

So kam es das der Sportwart und Spatzel um dreizehn Uhr fünfundvierzig zu ihrem ersten Schnäpslein an diesem Samstage gelangten. Sechs Nordhäuser später machten sich die beiden um vierzehn Uhr fünfundfünfzig mit einem Taxi auf den Weg zum Ostseestadion. Dort durften sie noch einen kleinen Fußmarsch einmal rund ums Stadion machen, um dann den Gästeeingang zu erreichen. Dort wurden sie eingehend kontrolliert. Während der Sportwart diesmal unbehelligt blieb, musste diesmal Spatzel sein Taschenmesserchen in die Ordnerobhut übergeben, bevor er ins Stadion durfte.

Beide eilten dann in den Gästeblock, all derweil das Spiel bereits begonnen hatte. Dort sahen sie dann eine in grün (!) gewandete Bochumer Mannschaft. Gott sei Dank hatte der Sportwart sein Schwager den Sportwart per SMS bereits vorgewarnt, der Schock über die seltsame Farbe war aber doch recht heftig. Der Sportwart dachte immer die Vereinsfarben des VfL Bochums wären blau-weiß, so das die Mannschaft in weiß hätte spielen können, wenn der Gegner zur Gänze in Blau gewandet ist. So kann man sich ja täuschen. Nun ja, der Sportwart hat ja schon gelb, rot, ganz doll bunt (Faber) und silber überstanden, das wird er ja wohl auch grün überstehen. Oder?

Nun zum Spiel. Die ersten Aktionen konnte Rostock setzen, aber nach und nach kamen die Bochumer zu ihren Möglichkeiten. Das Spiel wogte, wie des Meeres Gestade, hin und her und dann war Pause. In dieser wurden den Zuschauer ein lustiges Ballspiel und eine verunglückte Spielstandsdurchsage aus den anderen Arenen verabreicht. Danach konnte das Match weitergehen.

Und wie es ging. Flanke Madsen, Kopfball Hasche Hubschraubär, eins zu null für den VfL. Grande Jubel bei den mit ca. zweihundert Personen spärlich gefüllten Bochumer Block. Unter diesen weilten auch einige BFCler, die mit viel Elan den VfL unterstützen. Weiter zu Spiel. Während Rostock recht glücklos ihre Angriffe setzt, kam Bochum zu immer mehr Kontermöglichkeiten. Doch der Anhang musste bis zur neunzigsten Minute warten, ehe der junge Wikinger, welcher für den älteren Nordmann eingewechselt wurde, zum erlösenden zwei zu null einschoss. Kollektiver Jubel auf Bochumer Seite, tosendes Pfeifkonzert auf HansaA seine Gegend.

Nach dem Schlusspfiff kam die Mannschaft geschlossen zur Bochumer Ecke und belohnte die Anhängerschar mit ihren schweißnassen grünen Leibchen. Ein dem Sportwart wohl bekannter Sportsmann bekam das vom Anton. Dieses hätte der Sportwart gern gehabt, auch wenn es so schrecklich grün ausgesehen hat, denn der holländische Anton ist der Lieblingsspieler vom Sportwart.

Nach den Feierlichkeiten holten Spatzel und der Sportwart erst das Taschenmesserchen von den Ordnungskräften und zogen dann zum bereit stehenden Omnibus, welcher die Bochumer Fans zum Bahnhof bringen sollte. Im Bus telefonierte der Sportwart erst mit dem Sportwart sein Schwager und dem Sportwart sein Schwager sein besten Freund, den Lindenpitter. Beide mussten wegen gesundheitlicher Gründe (die raue Ostseeluft u.s.w.) auf die beschwerliche Reise verzichten. Und dann mit seinem Mütterlein. Diese Gespräch musste der Sportwart aber abbrechen, all derweil der Jubellärm im Bus zu heftig war.

Während der Fahrt zum Bahnhof erzählte Herr Rudi, welcher hinter dem Sportwart und Spatzel zu sitzen kam, von seinen Erlebnissen am Ostseestrand. Die Reise wurde dadurch verkürzt und so konnte man nach relativ kurzer Zeit am Bahnhof aussteigen. Dort lungerten schon reichlich Rostocker herum, so das den Sportwart bereits ein Böses schwante. Und siehe da, es schwante ihm nicht zu unrecht.
Um zu dem Abfahrtsgleis zu gelangen, mussten die Bochumer durch einen Engpass, welcher durch ein Spalier von Rostocker und Gendarmen noch enger wurde. Während des Durchmarsches dieser hohlen Gasse wurden mehrer Bochumer angegriffen und konnten sich nur durch heftige Gegenwehr vor gröberen Unbill schützen. Ein Bochumer stürzte hierbei aber eine Treppe hinunter und musste mit heftigen Kopfverletzungen von der anwesenden Polizei versorgt werden.

Der Sportwart wurde beim Spaliergang vom Spatzel getrennt, beide konnten aber unbehelligt den Engpass bewältigen. Glücklich ob dieser Fügung, enterten sie das Abfahrtsgleis und harrten dort der weiteren Dinge. Tja, und die kamen ja dann auch in Form von Rostockern. Die zwanzig Minuten bis zur Abfahrt wurden recht heiß auf dem Bahnsteig. Erst gerieten die Rostocker mit den BFClern aneinander, wobei ein Gendarm kurzfristig auf die Gleis geriet, dann sollte auch noch der Rest aus Bochum von den Rostockern verwöhnt werden. Nur den hinzueilenden Reserveeinheiten des Grenzschutzes ist es zu verdanken, das alle Bochumer und Berliner mehr oder weniger unbeschadet, in den Zug einsteigen und abreisen konnten.

Der Sportwart macht es ja nicht gerne, aber er muss Teile der Gendarmentruppe kritisieren, welche nur in der Gegend herum standen und äußerst ungern einschritten, um die Sicherheit der auswärtigen Fanschaft zu gewähr leisten. Da war die Truppe, welche die Bochumer bis nach Berlin brachte, aus einem anderen Holze geschnitzt. Merci noch einmal dafür.

Die zwei und eine halbe Stunde dauernde Fahrt nach Berlin, welche in einem wahrscheinlich schon Denkmalgeschützen Zug statt fand, verbrachten der Sportwart und Spatzel stehend mit anderen Fans und Gendarmen schweigend im Gespräch vertieft. Hierbei erfuhr der Sportwart, das die Bo-City Fraktion, ebenso wie Herr Rudi, zum Ostseestrand reisten, um dortens sich von Sonne und Wasser verwöhnen zu lassen. Durch diese Gespräche konnte man die Reisetortur einiger Massen ertragen.

In Berlin wartete, dank der Intervention von B.O.Z.-Marwan und dem Zugbegleiter, der Anschlusszug bereits seit zwanzig Minuten auf die ca. einhundert Bochumer. Dankbar stürmte der Mob in den ICE und die Weiterfahrt konnte beginnen. Die Zugbegleiterin begrüßte kurz ihre neuen Gäste und unterrichtete die alten Gäste, das sie nur wegen dieser „Fußballer“ nun zweiundzwanzig Minuten Verspätung hätten. Dieses geschah nun an jedem neuen Bahnhof, jedoch mit stetig sinkender Verspätungszeiten, denn so ein ICE kann ordentlich Gas geben.

Der Sportwart und Spatzel lehnten während der Reisezeit mehrer Versuche rigoros ab, wobei es um Verabreichung von Alkoholica ging. Statt dessen widmeten sie sich mit der Vollkommenheit der Nüchternheit des Seins. Ein kleines Nickerchen in den schönen bequemen ICE-Sitzen war ihnen dabei eine große Hilfe. So bekamen sie nur am Rande ihres Bewusstseins die diversen Haltestationen und die Anwesenheit von Hannoveraner, welche vom Spiel gegen die alte Tante Hertha kamen, mit.

Nach knapp drei und einhalb Stunden erreichten ohne eine Minute Verspätung Dortmund und konnten dort in aller Ruhe in den Regionalexpress umsteigen, welcher sie gen Bochum bringen sollte. Zehn Minuten später erreichten sie Bochum, wo Spatzel, der Sportwart und der Herr Fanbeauftragte gen Warsteiner am Markt wanderten, um dort Elke ihre Aufwartung zu machen.

Hier beendeten der Sportwart und Spatzel ihre Reise und die Nüchternheit des Seins. Unter Aufatmen des Fanbeauftragten Herrn Moppels, der Obermaus Timo, einigen Magics und anderen Herrschaften genehmigten sie sich einige Bismarck mit lecker Wasser. Dann bestellt sich der Sportwart ein Taxi, verabschiedete sich von allen, gab Spatzel noch ein paar Lebenstips mit auf den Weg und rauschte mit dem Taxi Richtung Heimat ab.

Um zwei Uhr fünfzehn erreichte der Sportwart nach einundzwanzig Stunden seinen Heimathafen, wo er nach einem kleinen Imbiss und einem Blick auf die Bundesligaergebnisse, glücklich und zufrieden in sein Bettchen fiel. Glücklich und zufrieden, weil sein Verein gewonnen hatte und der Weg zur Nüchternheit des Seins auch mal ganz lustig ist. Aber dieser Weg ist sehr beschwerlich und man muss schon einen starken Charakter besitzen, um diese mentale Herausforderung bestehen zu können.

So, das war es für diesmal vom Leben draußen in der großen Welt.

Bis zum nächsten Heimspiel gegen Hertha und dem sonntäglichen Fiege-Event. Wo allerdings der Weg zur Nüchternheit des Seins vom Sportwart nicht beschritten wird.

Cherio und lebet wohl.
Der Sportwart

Und ob nüchtern oder nicht, bitte nicht vergessen:

Einmal ein Bochumer, immer ein Bochumer Junge.