Sturmfahrt des Grauens

Da der Sportwart die Pfalz schon länger nicht bereist hatte, beschloss er zum Auswärtsspiel seines Vfl’s nach Kaiserslautern zu reisen. Zu seinem Unglück wollte ihn niemand aus seinem Geselligkeitsverein begleiten. Zu durfte er halt alleine das Angebot der B.O.Z., für siebenundvierzig Euro nach Lautern zu zügeln, nutzen. Und wie er es nutzte.

Zur Reisevorbereitung nahm der Sportwart an einem Premiere-Seminar teil, welches dem Sportwart sein Schwager am Sonnabend vor der Reise veranstaltete. An diesem Tage wurde viel über fußballtechnische Dinge gelehrt und ebenso so viele Behältnisse mit fruchtig kühlen Labsalen geleert. Dem Sportwart ist noch ein hochgeistiges Getränk in Erinnerung, welches absolut schmeckte und wirkte und deshalb dann auch so heißen durfte: Vodka Absolut.

Dem Seminar folgte dann noch ein cineastisches Highlight in Form von good old Frankenfurter in Strapsen. Danach ward der Sportwart mit viel Wissen und anderen Dingen gefüllt und durfte, gestützt von Frau Sportwartin, nach Hause schreiten. Dort brachte er den beiden Haustigern noch neue Kunststücken bei und legte sich danach ins Bettchen.

Sonntags morgen um sieben Uhr wurde der Sportwart durch lautes Miauen geweckt. Er ließ dann einen wild mautzenden wilden Tiger ins Haus, der sehr verärgert schien, ob der Tatsache, das er die Nacht hatte draußen verbringen musste. Was hatte der sich beim nächtlichen Pinkelgang auch so lange Zeit lassen müssen. Selbst Schuld, der Flohsack, der.

Da der Sportwart nun mal auf war, begab er sich zur Reinigung des Körpers und der Seele. Danach hatte auch schon der freundliche Bäcker von weiter weg die Sonntagsbrötchen angeliefert. So konnte der Sportwart und Frau Sportwartin ein gemeinsames Frühstück zelebrieren. Nach dem Schmaus begab sich der Sportwart zu seinem öffentlichen Verkehrsmittel, welches ihn zum Hauptbahnhof bringen durfte.

Dort angekommen, stellte der Sportwart fest, das anscheinend niemand nach Kaiserlautern mit dem Zug reisen wollte. Ruhelos zog der Sportwart durch den Bahnhof und fand dann nach langem Suchen noch einen Reisewilligen und zwar in Form vom allgewaltigen Fanbeauftragten Moppel. Und während er so bei ihm stand trudelten noch ein paar Unentwegte dazu. Bis die gewaltige Anzahl von zehn Personen erreicht wurde. Darunter Herren wie Macke von den Getreuen und das Z. von den B.O.Z..
Die zehn Unentwegten begaben sich dann um zehn Uhr sechszehn auf die Reise.

Der Sportwart, Moppel und Macke besetzten dann im Zug eine Vierersitzgruppe und begannen mit den üblichen Reisebelustigungen. Na ihr werdet es schon wissen: Kühle Getränke, dumme Geschichten, trockene Brötchen und so. Unterweges wurde dann öfter der Gedanke, das Spiel könnte ob der Sturmwarnungen ausfallen, laut. Doch noch wurde dies ins Reich der Fabel verwiesen. Mehrere Telefonate seitens Moppel gen Kaiserlautern ließen alle Beteiligten noch hoffen.

Die Reise verlief bis Mannheim eigentlich recht ereignislos und ward in knapp vier Stunden erledigt. Da man aber schon eine kleine Verspätung hatte, die Strecke Mainz / Mannheim konnte nur mit Vorsicht bewältigt werden, verpasste man den Anschlusszug nach Kaiserslautern. Machte aber nichts, der nächste kam kurze Zeit später an. Mit dem Regionalzug ging es dann weiter zum Betzenberg. Aber nur ganz langsam, denn der Zug hielt fast an jeder Milch- oder Weinflasche.

So gegen fünfzehn Uhr dreißig wurde Kaiserlautern erreicht und der Sportwart zog zusammen mit Moppel und Macke den Berg hinauf. Oben dann kamen sie gerade rechtzeitig zur Spielabsage an. TÄTÄTÄTÄ! Die Absage erfolgte aus Sorge vor dem heran nahenden Unwetters. Als wenn es die Sturmwarnungen nicht schon seit Samstags gegeben hätte……. Aber Maulen half nicht , denn es galt nun die Rückfahrt zu organisieren.

Nach einigen Telefonaten verabredete man sich am Bahnhof zwecks Rückfahrt. Macke und der Sportwart eilten schnellen Fußes den Berg hinunter, während Moppel aus dringenden privaten Gründen mit einem PKW die Heimreise antrat. Am Bahnhof angekommen scharten Macke und der Sportwart ein kleines Grüppchen Bochumer um sich und fuhren dann um siebzehn Uhr mit der Bahn gen Mannheim. Herr Z. von der B.O.Z. wollte etwas später mit einer weiteren kleinen Gruppe nachreisen.
Die Fahrt gen Mannheim verlief langsam, denn wie auf der Hinfahrt wurde wieder jede Flasche angefahren. Mit etwas Verspätung wurde dann Mannheim erreicht und sofort versuchte man eine Weiterfahrt Richtung Bochum zu erhalten. Dies gestaltete sich äußerst schwierig. Eine Weiterfahrt um achtzehn Uhr fünfzehn wurde von einer Zugbegleitern eines EC nicht gestattet, da der Gruppenfahrschein bei Herrn Z. in der Tasche war und nicht bei den Leuten die jetzt schon weiterfahren wollten. Also hieß es warten.

Die Wartezeit verkürzten sich die Bochumer mit der Belagerung des Reiseinformationszentrums und dem Empfangen von Horrornachrichten. So wurde bekannt das der Bochumer Bahnhof nicht erreicht werden konnte, Düsseldorf und Köln ebenfalls die Schotten dicht gemacht hätten und die Strecke Mainz / Koblenz noch gesperrt wäre. Trotz dieser nicht ganz so erfreulichen Nachrichten stiegen die Heimkehrwilligen, zu denen jetzt auch Herr Z. mit seiner Gruppe und dem Fahrschein gehörten, um neunzehn Uhr dreißig einen Zug Richtung Heimat. Vorher durften sie aber noch Freundschaft mit einer Gruppe Offenbacher schließen, welche ebenfalls eine Spielabsage erhalten hatten und gleichfalls noch eine Irrfahrt gen Heimat vor der Brust hatten. Echt Klasse diese Völkerverständigung auf einem zugigen Bahnsteig in Mannheim…..

Als nächstes durchpflügten der Sportwart, Macke und ein junger Bochumanhänger aus Unna den Zug auf der Suche nach einem schattigen Plätzchen, zwecks Ausstrecken der müden Glieder. Außer ein paar Notsitze am Ende des Zuges war aber nichts mehr zu erhaschen. Herr Z. und sein Gesellen hatten inzwischen das Bordbistro belegt. Anscheinend das bessere Los oder ?

Der Zug ratterte flott durch die Nacht und kam auch bis Worms. Dort gab es erst mal eine kleine Zwangspause. So zehn Minuten nur. Dann ging weiter bis nach Mainz. Dort gab es schon eine längere Wartezeit. Und zwar dreißig Minuten. Macht nichts, dachte der Sportwart, Hauptsache es bewegt sich was. Nun ja, der Zug bewegte sich dann auch weiter Koblenz, zwar nicht mehr ganz so schnell aber immerhin. Joh und dann kam Koblenz und die lange Pause.

Zuerst stieg ein entnervter Lohführer aus dem Zug und machte Feierabend. Schön, nur es war kein Ersatz da. Nach einiger Zeit kam ein zweiter Zug in den Koblenzer Bahnhof gefahren und die Zugbegleiterin teilte mit, das nun ein Lokführer da sein, aber man noch enger zusammenrücken solle, da die Reisenden aus dem einen Zug alle in diesen Zug rein müssten. Na gut, also wurde gerückt.
Nach einer weiteren Ruhephase meldete sich der Lokführer und sprach etwas von Streckensperrung. Hoho, was für ein Spaß. Kurze Zeit später erkundigte sich einer der Zugbegleiter, ob ein Lokführer unter den Reisenden wäre. Die Stimmung fing an zu brodeln und kochte über, als sich der Lokführer wieder meldete und ins Mikro hauchte, das der Zug zu zweihundert Prozent überfüllt wäre und er aus Sicherheitsgründen nicht losfahren könne, er würde ja gerne und die Strecke wäre jetzt auch frei, aber…

Danach Stimmung totale im Zug. Offner Hass, blankes Entsetzen, hysterische Panik machte sich breit. Dann wieder eine Stimme aus dem Off, welche verkündete, das ein Ersatzzug eingesetzt würde, welcher gen Kölle reist. Und kurze Zeit später ein weitere Mitteilung, das jeder, der keinen Sitzplatz innehat, den Zug verlassen müsse. Brüll, lach, tobt…..

Zum Glück begaben sich genügend Leutchen aus dem Zug und die Reise konnte dann fortgesetzt werden. Fast ohne Schwierigkeiten erreichte dann das Gefährt Bonn. Dort wurde dann wieder ein Päuschen eingelegt, all derweil diesmal ein Zugrückstau, welcher bis Köln reiche, daran schuld war. Nun auch diese Unterbrechung wurde geschafft und der Zug rauschte weiter bis Köln. Dort, der geneigte Leser wird es schon erraten haben, gab es eine kleine Pause. Aber nur ne ganz kleine. Also kaum der Rede wert.

Der Sportwart, durch stundenlanges aus dem Fenster kucken, schon halb blind, registrierte dies mit einem wohlwollenden Grunzen. Er ließ noch mehr Gegrunze ertönen, als ihm Macke, welcher kurzzeitig den Speisewagen aufsuchte, ihm mitteilte, das Herr Z. und einige andere Herren inzwischen vom Grenzschutz aus dem Zug geholt worden wären. Das Treiben der Herrschaften hatte dem Bordpersonal nicht so sehr gefallen. Nun hatte sich die Wahl des Sportwartes, sich einen Notsitz zu erobern, als recht weise herausgestellt. Ja, ja Alter schützt vor Weisheit nicht.

Die restliche Strecke von Köln nach Bochum verging dann aber wie im Fluge. Ohne längere Unterbrechungen erreichte der Zug um drei Uhr in der Früh den Bochumer Hauptbahnhof. Der Sportwart verabschiedete sich kurz von den stark dezimierten Reisegenossen, eilte zum Taxistand und nahm dann eine Droschke Richtung Heimat. Um drei Uhr fünfzehn schloss er die Haustür auf und um drei Uhr fünfundzwanzig fiel er nach über zehn Stunden Rückreise todmüde, aber very, very happy in die Heia.

So das war es für diese Mal. Die nächste Reise, welche nach Stuttgart führt, wird der Sportwart wohl mit dem Omnibus machen. Nun legt sich der Sportwart wieder auf die Couch und denkt über die aktuelle Weltgeschichte nach.

Bis dahin in diesem Leben, bleibt gesund und lebt ordentlich.

Der Sportwart

P.S.: Auch wenn der Zug noch so viel Verspätung hat und es stürmt und schneit:

Einmal ein Bochumer Junge, immer ein Bochumer Junge