Konvoi nach Liège/Lüttich (Bilder sind ganz unten)

Nach sieben Jahren endlosem Warten durfte der VfL Bochum 1848 wieder im UEFA-Cup mit die anderen großen und kleinen Jungens im europäischen Fußball mitspielen. Dieses Großereignis wollte sich natürlich ein Großteil der Bochumer Anhängerschaft nicht entgehen lassen und fieberte so der Auslosung entgegen, welche das künftige Reiseziel ergeben sollte.

Tja, und die Auslosung brachte schließlich Royal Standard de Liège als Gegner. Wat war nu davon zu halten? Einerseits eine Möglichkeit für viele Bochumer ein UEFA-Cup-Spiel zu sehen, anderseits, na ja, der Belgier an sich und dann noch als Fußballfan, man weiß es nicht!

Es fing dann auch gut an: der gemeine Standarte pöbelte in diversen Bochumer Gästebüchern so vor sich hin. Versprach Tod und Hass, Haue und ewige Verdammnis, die Hölle auf Erden und den bösen Moffen (also wir lieben Deutschen) ein baldiges schlümmes Ende. Angesichts dieser bösen Entgleisungen ward dem Sportwart Angst und Bange und er beschloss, auf jeden Fall nach Lüttich = Liège zu reisen, um den ganzen Sachverhalt zu prüfen.

Inzwischen hatte das Management vom VfL Bochum Verhandlungen mit Standard Lüttich aufgenommen und erreichte, das anstatt 1300 Bochum so ca. 4400 gen Liège reisen dürfen. Dieses Arrangement wurde allerdings mit schweren Auflagen für die Bochumer Fans belegt.

So dürfte die Anreise nur mit dem Bus stattfinden. Hierbei könnte man dann wählen, entweder über den VfL Bochum buchen, oder etwas in Eigenregie auf die Beine bzw. Räder stellen. Auf jedem Falle würde eine Ordnungskraft jedem Bus zugeteilt werden, welche über das Wohl und Wehe im Busse wache. Die diversen Busse hätten sich dann an der deutsch-belgischen Grenze zu versammeln, wo die Eintrittskarten verteilt, das Bier und anderes Gepäck weggeschlossen und die Busse in kleinen Gruppen gen Lüttich geleitet würden. Dort ginge es dann direktement in Stadion, ein Stadtbummel wäre ausgeschlossen. Zuwiderhandlungen ständen unter schwerster Strafe und hätten aller schlimmste Konsequenzen zur Folge. Außerdem
hätten sichtlich Angetrunkene und anderweitig berauschte Personen keine Aussicht das Stadion in Liège je zu erreichen. Zusätzlich sollte jeder für seinen Sitzplatz haften. Dazu später mehr.

Trotz all dieser Auflagen ließ es sich der gemeine Bochumer Fan nicht nehmen, sein Ränzel zu schnüren, um am 16.09.2004 gen Lüttich zu reisen. So auch die Bochumer Jungen, die zusammen mit Bochum Ost, Treuen, Panthern, Hordel und Block A eine Reisegesellschaft bildeten.

Man traf sich um viertel vor 15 Uhr am Kirmesplatz und harrte dort auf die zugeteilten Busse. Um die Zeit etwas zu vertreiben genehmigte sich manch einer ein Bier oder auch zwei, so auch der Sportwart, obwohl er vorher strikte Entsagung aller alkoholischen Rauschmittel gepredigt hatte. Ach ja, man ist ja auch nur ein Mensch…..

So gegen 15 Uhr 15 war dann auch das Gefährt, welches Bochum Ost und die Bochumer Jungen aufnehmen sollte, da. Hier stand er nun: Bus D11 vom KILLER-Reisedienst. Kein Witz, so hieß er nun mal! Hurtig stieg man ein, besetzte ein Plätzchen, begutachtete seine Sitznachbarn harrte geduldig und sittsam der Abfahrt.
Als Securitykraft hatte man dem KILLER-Bus eine Dame zugeteilt, welche nun das Vergnügen hatte, die nötigen Reiseformalitäten den Herren und Damen in blau und weiß nahe zu bringen.

Um ca. 15 Uhr 30 bewegte sich dann Gruppe D vom Kirmesplatz und die Fahrt gen Lüttich begann. Kurze Zeit später verteilte Frau Ordnungskraft ein Formular, wo der gemeine Bochumer seinen Namen, Adresse, Personalausweisnummer, Busplatznummer, Stadionsitznummer (von wegen die Haftung für die Sitzschale und so) sowie diverse Unterschriften einzutragen hatte. Hiermit war man nun einige Zeit beschäftigt. Lese- und schreibschwachen Mitreisenden wurde von anderen kundigen Fans geholfen, so dass jeder etwas auf seinem Formular stehen hatte.

Nach dem Ausfüllen der Formulare, bekam man ein Schreiben, indem auf die belgischen „Sportgesetze“ hingewiesen wurde. Hier konnte man sehen, was man alles nicht durfte, und das war eine Menge. Nach dem Motto: dies und jenes ist verboten, du darfst nicht, du kannst nicht usw., usw. ……… Es sorgte auf jedem Falle für viel Heiterkeit!

So verging die Fahrt zur deutsch-belgischen Grenze recht kurzweilig. Hier wurde man dann vom Grenzschutz auf einen großen Parkplatz geleitet. Dort begutachtete der Grenzschutz die diversen Busse, sprach ein paar liebe Worte ans Fußballvolk und hielt sich dann diskret im Hintergrund. Keine Busdurchsuchung, keine Schikanen, da sagt man nur: Danke!

Frau Ordnungskraft verteilte nun die Eintrittskarten und man hatte die letzte Möglichkeit noch ein oder zwei Bier zu trinken, bevor alles in den Gepäckräumen der Busse verschwand. Dies wurde dann auch rege genutzt. Der Parkplatz sah wie eine große Bierschwemme aus: überall volle und leere Flaschen. Wohl dem, der hinterher die Flaschen einsammeln dufte. Welch ein Pfandgeld, welch ein Vermögen.

Ein Bus nach dem anderen verließ den Parkplatz und fuhr gen Lüttich. Auch für den KILLER-Bus kam nun die Abfahrt. Irgendwie aber hatte man zusammen mit zwei anderen Bussen den Kontakt zum restlichen Konvoi verloren, und so zog man dann als Kleinstkonvoi gen Liège.

Dieses wurde ein großer Spaß.

Lüttich wurde erreicht und man bekam den Charme dieser wallonischen Stadt zu sehen: den alt ehrwürdigen Hafen, historische Zechenanlagen, antike Industrien, Bauten aus der Zeit Felix Timmermanns (flämischer Dichter 1886 – 1947) und, und, und……Was man nicht zu sehen bekam: Gendarmen, Police, Politie, Polizei, welche doch eigentlich überall auf die bösen Germanen warten sollte. Doch nichst, nada, niente.

So irrte man halt weiter durch die Innenstadt von Lüttich. Bekam so die Maas, den Bahnhof und das Vergnügungsviertel zu sehen. Viele Belgier winkten gar freundlich (ja wirklich) dem kleinem Konvoi zu und bekamen dafür einen extra lieben Gruß zurück. Es wurde immer später und später und noch immer kein Stadion in Sicht. Da sichtete ein Motorradgendarm den Konvoi und nahm sich seiner an. Was bedeutete: raus aus der Innenstadt, einen Bogen um Lüttich machen, am anderen Ende wieder rin inne Stadt und dann war man im Stadtteil Sclessin, wo das „Stade Maurice Dusfrasne“ seine Heimat hat. Die letzten drei Bochumer Busse hatten nun um 20 Uhr 15 das Stadion erreicht.

Die Busse wurden direkt hinter der Gästekurve auf einem stark gesicherten Parkplatz abgestellt und die Insassen eilten hurtig zum Eingang Tribune 4, Entree 15, um noch rechtzeitig zum Anstoß ihre Plätze einnehmen zu können. Davor ward aber noch die Einlasskontrolle, welche aber zur Überraschung des Sportwartes doch recht locker über die Bühne ging. Da hatte er aber schon andere Dinge erlebt, von wegen Schuhe ausziehen und so….

Anschließend waren alpine Kenntnisse von Nöten: erst ein nicht enden wollendes Treppenhaus Richtung Block C4, dann extrem steile Stufen, welche den Besuch in diesem Block zu einem Risiko machten. Mühsam erklomm der Sportwart die Ränge und sicherte sich mit seinen Gefährten ein Plätzchen in luftiger Höhe. Die Einnahme seines vorgesehenen Platz auf Tribune 4, Entree/Ingang 15, Bloc/Blok C4, Rang/Rij 10, Place/Plaats 33 war leider nicht möglich, und so hofft der Sportwart, das niemand sein Sitzschälchen kaputt gemacht hat, da er sonst für den Schaden ja schwer in Haftung genommen werden würde.

Nun hieß es noch mal kurz durch atmen und das Spiel konnte beginnen. Über 4000 angereiste Bochumer (von ca. 15000 Zuschauern) veranstalteten nun ein Heidenspektakel und feuerten ihre Mannschaft nach besten Kräften an. Von der belgischen Seite war der Sportwart doch enttäuscht, da kam doch irgendwie nicht viel rüber.

Die erste Hälfte war recht ausgeglichen und bis auf einen kleinen Patzer von RvD stand die Abwehr sehr gut. Nur der Sturm, nä, der gefiel nicht so recht. So blieb es beim 0 zu 0, da die Standarten auch keine Bäume ausreißen konnten. In der Halbzeit wurde man dann mit belgischer Werbung in französischer und niederländischer Sprache verwöhnt und man gönnte sich von der Tribüne aus ein paar Blicke ins nächtliche Lüttich.

In Halbzeit zwei setzte Bochum Lüttich unter Druck, konnte allerdings kein Tor erzielen. Wie gesagt, der Sturm, der Sturm. Lüttich hatte bis auf einen gefährlichen Schuss, welchen RvD glänzend parierte, nicht viel zu bieten. Die Bochumer Abwehr stand gut und so blieb der erste Bochum UEFA-Cup-Auftritt torlos. Das Ergebnis und die Mannschaft lassen aber auf ein Weiterkommen im Rückspiel in Bochum hoffen.

Nach dem Abfeiern der Mannschaft konnten die Bochumer Blöcke sofort verlassen werden, also kein stundenlanges Gefangenhalten auf der Gästetribüne. An den Bussen sammelte man sich, holte nun ungeniert die Bierreserven hervor und wartete wohlbehütet von den belgischen Sicherheitskräften auf die Abfahrt. Und siehe da, nach kurzer Zeit konnte es schon losgehen. Da man als letzter ankam, konnte man nun als einer der ersten Busse das Stadion verlassen. Hat auch seinen Vorteil, sonne Irrfahrt!

Vorneweg ein Motorradgendarmen und dahinter immer so 5 bis 7 Busse. Die Seitenstraßen waren von belgischer Polizei, unter anderem mit Wasserwerfern, kleinen gepanzerten Fahrzeugen, Pferden, Hunden und vielen Gendarmen, gesperrt. Und über aller flog ein Polizeihubschrauber seine Runden. So behütet erreichte man sicher den Ausgang der Stadt Lüttich.

Heim, nun gings heim. Ja denkste. Wie durch ein Wunder, kam es wiederum zu einer Irrfahrt. Irgendwie verfransten sich, unter anderem auch der KILLER-Reisedienst, etliche Busse bei der Auffahrt zur Autobahn gen Aachen. Höhö, welch Heiterkeit brach im Busse aus, nachdem man zum zweiten Male die gleiche Texaco-Tankstelle passierte. Aber schlussendlich wurde der rechte Weg doch gefunden und die Heimfahrt konnte ohne weitere Probleme bewältigt werden.

So gegen halber zwei ereichte man den Kirmesplatz in Bochum. Ein kurzer Abschied von den Reisekameraden und ein jeder eilte von dannen. Der Sportwart fuhr mit dem Sportwart sein Schwager und dem Sportwart sein Schwager sein besten Freund den Lindenpitter heim. Dort ein allgemeines Gute Nacht und Minuten später lag der Sportwart schon neben seiner Sportwartin und schlief sekundenspäter selig ein.

Das war es aus Liége/Lüttich. Es wurde doch nicht ganz so schlimme, wie es der gemeine Standarte einem versprochen hatte. Haben wir aber abba noch mal Glück gehabt, wa ey?!

Bis demnächst von hier oder da, vielleicht auch von dort oder dahinten.

Der Sportwart

Und nicht vergessen, ob Hölle oder doch:

Einmal ein Bochumer Junge, immer ein Bochumer Junge!