Müller…

Am Tage der Arbeit im Jahre der RuhrKultur 2010 gönnte sich der Sportwart eine ZUZ-Reise zum Auswärtsspiel des VfL Bochums 1848 bei die Münchner Bayern. Morgens um fünfe stand er erholt und frisch auf, machte artig seinen Toilettengang, zog sein feinsten Reisezwirn an, aß gesundes Früchtemüsli mit echten Früchten drinne und packte danach sein Reisetäschlein mit allerlei gesunden Dingen aus dem großen Bereich der biologisch angebauten Nahrungsmitteln. Anschließend machte er einen kleinen Morgenlauf zum Bochumer HBF.

Halt! Irgendetwas ist hier falsch!

Also, er quälte sich mit schweren Kopfe aus seinem Bettchen (tja, der Metaxa und Ouzo vom Vortage), danach schaffte er es nach einem mühevollen Toilettenbesuch sich anzuziehen. Vorsichtshalber verzichtete er auf feste Nahrung, packte aber dafür in seinen Reisebeutel Geräuchertes Zeugs und zwei Flaschen Wasser-Bismarck-Gemisch. Dann ließ er sich mit dem Omnibus zum Bochum HBF bringen.

Nachdem er die ZUZ-Reiseleitung und diverse Zug-Teilnehmer begrüßt und mit ihnen den Bahnsteig erreicht hatte, wurde ihm erst mal übel. Und wie übel. Zum Glück fuhr just der ICE gen München ein und er vergaß seine Übelkeit.

Nachdem alle sich im zweiten Teil des ICE platziert hatten und der Zug vorwärts dampfte, machte eine Stimme aus dem Off die Reisegruppe darauf aufmerksam, dass sie im falschen Teil des Zuges säßen! Also müsse man sich in Essen flugs in den ersten Zugteil begeben.

Das Gewünschte wurde dann auch in einer einmaligen, blitzschnellen Gemeinschaftsaktion fast ohne Verletzte bewerkstelligt. Nach dieser Aktion konnte sich der Sportwart wieder seiner Übelkeit widmen. Dank einer amerikanischen Erfrischungsbrause und aufmunternden Worten seines Sitznachbarn, dem ehemaligen Pressesprecher vom Tierheim Wanne-Eickel, konnte der Sportwart diese Unpässlichkeit besiegen.

Ja und um kurz nach neune wagte er auch den ersten Schluck Wasser/Bismarck. Bäääääääääääääääh, nä war das köstlich. Sofort legte er einen nach und dieser Schluck war dann auch nur noch Bääääääääääh. Nun und so nach und nach wurde es nur noch Bäääääh, dann Bäääh, dann Bäh, dann äh, dann ah und dann aaaaaah, dat is abba lekka!

Nachdem der Sportwart wieder so einigermaßen pegelmäßig auf der Höhe war, konnte er sich auch mit seinen Mitreisenden unterhalten. Als vorwiegende Gesprächspartner standen ihm oben genannter Expressesprecher vom Tierheim Wanne-Eickel, sowie der ewig junge Erziehungsberechtigte von Max aus Herne, zur Verfügung.

So verging die sechsstündige Reise doch recht angenehm und um kurz nach 13 Uhr ereichte man München. Dort empfing die bayrische Gendarmerie die Zugreisenden mit einer Blockade. Gewöhnliche Zugfahrer wurden charmant links durchgewinkt, der gemeine Pöbel wurde rechts strenge kontrolliert. Da man aber bei Niemand Waffen, Sprengstoff oder ähnliches fand, durften alle Bochumer ihrer Wege ziehen.

Das hieß für den Sportwart, dass er sich zusammen mit Maxens Erziehungsberechtigten ein Schließfach mietete, dort seine Habseligkeiten unterbrachte, Tschüss zu den beiden Hernern sagte und sich alleine auf dem Weg gen Bayern Arena machte.

Mittels S- und U-Bahn fuhr er bis Fröttmaning und latschte dann ein paar Meter durch die Botanik, um so zum „Arenatreff“ zu kommen, wo er hoffte, auf einen weiteren BOJU zu treffen. Er hoffte zu recht, denn er fand den Witten-Martin inmitten von alten Red Angel und Südkurve 73 Kameraden.

Man grüßte und herzte sich und laberte als dann von alten und neuen Zeiten. Nach Jahren konnte der Sportwart mal wieder mit Ingrid, Edi, Keinzi und Herrn Semrau ein paar Worte wechseln. Und endlich durfte Frau Keinzi auch den legendären Sportwart kennen lernen. Flugs verlief der Sand in der Sanduhr und das Spiel rief. Der Sportwart genehmigte sich noch einen Beruhigungs-Ouzo und machte sich dann mit der ZUZ-Führungs-Elite auf dem Weg zur Bayern-Arena.

Nach einigen Minuten der Wanderung wurde die Arena erreicht. Die Eingangskontrollen wurden mühelos passiert, so das nur noch die Umrundung der Arena und der Aufstieg ins Arena-Hochgebirge auf den Sportwart zu kam. Und wie das kam.

Irgendwo auf einem Arena-Zwischenhochplateau legte der Sportwart ein Päuschen ein. Hier sammelte er sich, ging noch mal aufs Töpfchen und machte sich dann die letzten Meter per Seilschaft zu seinem Sitzplatz auf. Dort angekommen, setzte er sich und tat nichts mehr. Er stellte einfach alle Körperfunktionen ab und wartete ergeben auf sein Ende.

Überraschenderweise kam es nicht, das Ende. Es schickte dafür aber Ersatz und zwar einen Anfang, nämlich den Anpfiff des Fußballspieles zwischen FC Bayern München und dem VfL Bochum 1848. Der Pfiff belebte den Sportwart wieder und er widmete sich konzentriert dem wichtigen Match.

Was er zu sehen bekam, erweckte in ihm den Wunsch, sich wieder ins Nichts zu begeben. Denn die Bayern spielten seinen VfL Bochum 1848 gnadenlos aus und führten nach zwanzig Minuten durch Müller Tore mit zwei zu nichts. Müller? Doch nicht etwa kleines dickes Müller? Nä, es war großes schlankes Müller!

Die Stimmung untern den mitgereisten Bochumer war nun doch sehr gedrückt und fand nicht mehr statt. Das mag am Spielstand, aber auch an den vielen Bayern-Anhängern gelegen haben, die ebenfalls im Gästeblock saßen. Wie sind die denn da rein gekommen? Mhmmmmm….

Freundlicherweise verzichteten die Bayern-Spieler bis zur Halbzeit erst mal auf weitere Tore. Ja, der VfL Bochum 1848 kam sogar durch Maric und Sestak zu Tormöglichkeiten. Verhaltener Bochumer Jubel, man ist ja schließlich für alles dankbar, das nicht ins eigene Tor einschlägt.

In der Halbzeit suchte und fand der Sportwart seine 3-Nichtenfraktion, welche im Bochumer Fanprojekt U16-Bus als ährenamtliche Betreuung mitgereist waren. Jedenfalls fand er 2/3: Fräulein Pik und Fräulein Lisbeth. Das letzte Drittel, Fräulein GrüßSchön, fand er per Handyfonie.

Der geneigte Kenner der Sportwartschen Verwandschaftsgeschichte weiß, dass es eigentlich eine 4-Nichtenfraktion gibt, aber das letzte Viertel, Fräulein Sunny, ward nicht angereist. So das nur eine 3-Nichtenfraktion in München anwesend war. Also nur ¾ von einer 4-Nichtenfraktion, oder auch 3/3 von einer 3-Nichtenfraktion. Aber das ist höhere Mathematik und sollte nur die Halbzeitpause überbrücken.

Ach ja, falls einer wissen möchte wo Fräulein Sunny sich aufhielt: Sie war auf dem bayrischen Nachmittag, welcher irgendwann zu einem bayrischen Abend wurde, der von den vielen daheim gebliebenen Bochumer Jungen zu Ehren der wenigen Bochumer Jungen veranstaltet wurde, die den Mut hatten nach München zu reisen.

Kömmen wir zu Halbzeit zwo. Und da ins Besondere zu Minute 55. Just zu dieser Zeit begann ein Raunen in der Arena, welches zu einem tosenden Jubel wurde. Grund: Bremen führte in Gelsenkirchen. Der Sportwart erhob anerkennend die rechte Augebraue und widmete sich weiter dem Spiel.

Knapp 10 Minuten später, gleiches Szenario, bloß lauter: Bremen hat eins draufgesetzt. Der FC Bayern München hat dadurch die Deutsche Meisterschaft so gut wie inne Täsch. Der Sportwart erhob nun anerkennend die rechte und linke Augenbraue, was irgendwie komisch aussah, ihn aber nicht weiter störte. Was ihn aber ein paar Minuten später störte war, das der Müller, der bayrische, zum drei zu null für München einschoss.

Kurz kam da dem Sportwart der schlimme Gedanke, sich fortan Müller zu nennen und mit einem rot-weißen Leibchen durch die Gegend zu rennen. Dann könne er sich auch mal deutscher Meister betitulieren und alles wäre töfte. Doch itzo besann er sich seiner Herkunft und verbannte solch konfuses Gedankengut aus seinem Hirne.

Der Leberknödel war nun gegessen und der Sportwart wollte nicht weiter bei den bayrischen Siegesfeiern stören. Aber irgendeine Laune der Natur hielt ihn noch auf seinem Sitz gefesselt. Und siehe da, solche Launen werden manchmal belohnt: Fuchs verwandelte einen Freistoss für den VfL Bochum 1848 zum 3 zu 1 direkt ins bayrische Tor. Wer weiß wo für diese Tor noch gut ist!

Die Laune befahl dem Sportwart nun zu gehen, da außer bayrischen Feierlichkeiten nichts mehr geboten würde. Der Sportwart folgte seiner Laune und eilte flotten Schrittes fort von der Arena zur U-Bahn Station. Dort nahm er eine Bahn Richtung Marienplatz.

In der Bahn meinten Bayern-Anhänger, den deutlich als Bochumer zu erkennenden Sportwart, als Ziel lustiger Witzchen machen zu müssen. Dank jahrelanger Sportwartscher Zen-Meditation, blieb derselbige gelassen und verzichtete auf Repressalien. Die eindeutige Übermacht der Bayernanhängerschaft war zusätzlich ein nicht unerheblicher Grund für einen Gewaltverzichts seitens des Sportwartes.

Am Marienplatz wechselte der Sportwart schweren Herzens, aber nicht ganz abgeneigt, das Gefährt. Hier traf er diverse Bochumer Reisekameraden wieder, unter anderem auch Max aus Herne samt Erziehungsberechtigten. Gemeinsam fuhr man mit der S-Bahn weiter bis zum Münchner HBF.

Im HBF wurde das Schließfach entdeponiert, dann noch etwas getrunken und gemahlzeitet. Anschließend erwarb der Sportwart Brause für die Rückfahrt und konnte um kurz vor neunzehn Uhr den Rückweg mittels ICE antreten. Wie schon auf dem Hinweg saß ein Großteil erstmal falsch, aber bevor es zu einer Konfrontation mit einer vierzigköpfigen italienischen Fräuleinreisegruppe kam, wechselte man friedlich in den korrekten Wagon.

Der Sportwart fand neben einem Mitarbeiter vom Bochumer Fanprojekt, Abteilung Ultraversorgung, ein lauschiges Plätzchen, wo er seine alten Knochen sortieren konnte. Gegenüber saß der 1848er-Chronist und am Nebentisch Max aus Herne mit seinem Papa, wenn der Sportwart mal so salopp schreiben darf. Dazu gesellten sich zwei angenehme rheinische Bayern.

Die Rückreise verlief für den Sportwart recht ruhig. Er quatschte ein wenig mit den Nachbarn, schaute ins Dunkle der Nacht, handynierte mit Teilnehmern des bayrischen Tages, u.a. mit Frau Sportwart, dem Sportwart sein Schwager, dem Sportwart sein Schwager sein besten Freund, dem Lindenpitter und Tutur, seines Zeichens Scheinriese aus Herne. Und zwischendurch döste er so vor sich hinne.

Um zwanzig vor eins erreichte der ICE Bochum und zwei Minuten später der Sportwart ein Taxi. Der Droschkenfahrer brachte dann den Sportwart hurtig gen Sundern. Unterwegens quakten sie ein wenig über das Wohl und Wehe des Taxihandwerkes. Um kurz vor eins betrat der Sportwart heimische Gefilde und nach zwanzig Stunden auf die Beine sein knutschte er kurz Fräulein Hund, tätschelte wohlwollend Frau Sportwart und legte sich dann ins Bettchen. Mit schweren Gedankengut (Müller, wer ist Müller….) im leichten Hirne drifte er sodann ab ins Reich des Morpheus.

So, ihr Lieben, das war es von der Sportwartschen Fahrt nach München. Man sieht sich beim Entscheidungsabstiegskampfspiel gegen Hannover.
Bis denne, gehabt euch wohl und bleibet gesund.

Der Sportwart

Und bitte eins nicht vergessen, ob man Müller heißt oder doch:

Einmal ein Bochumer Junge, immer ein Bochumer Junge.