Szenario des Grauen
(Ein Gruselstückchen in mehreren Abschnitten)
Warnung des Autors: Kleinen Kindern, altersschwachen Hunden und leichtgläubigen Kanarienvögel wird vom Lesen dieser Gruselmär abgeraten. Für eventuelle Schäden übernimmt der Verfasser keine Haftung !
Szene 1:
Es ist Dienstag, der 25.09.2001. Ort der Handlung: ein kleines Büro im Herzen von Bochum. Inmitten des Büros ein einsam schaffender, strebsamer, nicht mehr ganz taufrischer Sportwart und seine faulen, aufsässigen Haderlumpen von Arbeitskollegen. Sorgenfalten umwallen des Sportwartes Antlitz. Sein größter und innigster Wunsch, gen Reutlingen zu reisen, scheint sich nicht zu erfüllen.
Da rafft er sich auf, um einen letzten Anruf zu tätigen. Mit zitternder Hand wählt er eine geheime Nummer. Zahl um Zahl gibt er in den hochmodernen Telekominikationsapparillo. Schweiß fließt ihm siedendheiss von der von Grauen durchfurchten Stirn. Die letzte Zahl wühlt sich ihren Weg durch den Äther, ein erstes Klingelzeichen, ein zweites und ein… , da meldet sich eine freundliche Stimme: Rosi-Reisen, mein Name ist…., wie kann ich Ihnen helfen? Erleichterung macht sich im gebeutelten Körper des Sportwartes breit und mit brüchiger, kaum hörbarer Stimme fragt er: Führt Ihr Unternehmen eine Reise für VfL-Fans nach Reutlingen durch? Sekundenlange Atemlosigkeit und Unsicherheit, dann die Antwort: Ja….., aber es haben sich erst vier Personen dafür gemeldet. Ich werde mir jedoch Ihren Namen und Telefon-Nummer notieren um sie im Reisefalle anzurufen.
Mit dieser Auskunft gab sich der nun niedergeschlagene Sportwart zufrieden und legte mit kraftlosem Arm den Hörer auf. Angstvoll blickten seine arbeitsscheuen Kollegen den eifrigen Sportwart an. Kleine Wolken und Blitze umwaberten sein edles Haupt, niemand wagt es, das Wort an den Sportwart zu richten und der schicksalshafte Arbeitstag ging langsam und quälend zu Ende. Ohne Gruß und Kuss verließ der tief getroffene Sportwart die Arbeitsstätte und ging zum Muskel-Rolf , um dort beim körperlichen Training den Alptraum zu vergessen. Nach harter Körperstählung fuhr er nachdenklich mit dem Omnibus heim, denn ihm bestand noch ein schwerer Auftrag bevor. Er musste noch seinen Kameraden, den Kref-Tiger anrufen, um ihn den Stand der Dinge mitzuteilen. Mit schwerer Hand und harten Druck in der Magengegend rief er seinen Kameraden an und erzählte ihm mit knappen Worten die Geschichte. Dieser, zutiefst gerührt, ob der Tapferkeit des Sportwartes, tröstete denselben und machte ihm Mut für die folgenden schweren Stunden. Nach dem Anruf gab es noch ein paar aufmunternde Worte von Frau Sportwartin und dann ging es ab in die Heia. Von schweren Gedankengut gepeinigt, glitt der Sportwart in einen traumlosen Schlaf.
Szene 2:
Mittwoch, 26.09.2001. Außer das der Sportwart sich mit seinen renitenten Arbeitskollegen herumschlagen musste, passierte an diesem Tage nicht viel. Erwähnenswert: der Sportwart kaufte sich eine Flasche Bismarck und fiel wiederum in einen schweren, traumlosen, bitteren Schlaf.
Szene 3:
Donnerstag, 27.09.2001. Der Tag der Entscheidung! Da bis Mittag niemand der Firma Rosinanten-Reisen beim Sportwart sich meldete, wagte es der Sportwart selber und rief dortens an. Wieder gab er mit weicher, zitternder Hand die geheimnisvolle Nummer in den magischen Telefonknochen. Ein Klingen, ein zweites, ein drittes und ….. eine Stimme aus dem Off tönte: Rosi-Reisen usw. Der Sportwart trug sein Begehren vor und bekam zur Antwort: der Bus ist ausverkauft! Mit letzter Kraft hielt er sich auf den Arbeitsstuhl geklammert, Sabber lief ihm unkontrolliert aus dem Munde, seine Hand glitt zum Brieföffner…. doch da, ein Gedankenblitz durchfuhr den Sportwart: Steh ich denn auf der Reiseliste? Dies Frage stieß er fast unhörbar durch die Telefonanlage und erwartete mit festumklammerten Brieföffner die Antwort. Alle Insassen des Büros flüchteten vom Ort des Schreckens und ließen den irre gewordenen Sportwart allein. Millisekunden später kam die Antwort: Durch den kosmischen Äther gerauscht: Jahhhhhhh !
Ein Freudenschrei durchflutete die Büroanlagen, Engelschöre erschallten, Feuerwerke erhellten die Büroräume, die Donkosaken sangen Psalter vom Frieden in der Welt. Kurzum, der Sportwart fährt nach Reutlingen. Rasch raste er zum Fanshop und erwarb dort in letzter Sekunde noch zwei Eintrittskarten für das Spiel. Der Rest des Arbeitstages verging in ungewohnter Harmonie und Eintracht. Seine Mitarbeiter reichten dem Sportwart kühle Getränke und kleine Leckereien und machten den Arbeitstag zu einem schönen Diensttag, obwohl dieser ein Donnerstag war. Welch gewagtes Wortspiel, einfach toll, dieser Sportwart. Zufrieden und glücklich fuhr der Sportwart heim, erzählte Frau Sportwartin vom seinem Glück, legte den Bismarck aufs Eis und legte sich nach sechsstündigem Fernsehgenusses zu einem traumvollen und geruhsamen Schlaf nieder.
Szene 4:
Freitag, 28.09.2001. Reisetag, Freudentag. Selig strahlend stand der Sportwart früh am Morgen auf, las die heimische Gazette, frühstückte ein ordentliches Mahl und verließ das heimische Sundern zeitig Richtung Bochum-Zentrum. Dort wollte er seinen Kameraden, den Kref-Tiger, treffen, um eine kleines Frühgelage zu zelibrieren.
Auf Höhe des Schwanenmarktes kam es dann auch zu der schicksalhaften Begegnung. Hurtig wurde ein Lokal auserkoren und der Weg dorthin eingeschlagen. Da schlug die Furie des Chaos in Form eines Handytelefonates zu. Kurz vor dem Betreten des ersehnten Lokales meldete sich ein Arbeitsfreund per Mobilofones beim durstigen Wanderer zwischen den Welten. Der Sportwart möge sich doch bei Rosi-Reisen melden, war die Schreckensnachricht.
Kreidebleich und bebend wählte der Sportwart die angegebene Nummer. Zahl für Zahl verließ den scheinbar zeitlosen, stillstehenden Raum und löste in einem Büro der schon genannten Reise-Gesellschaft ein Klingelzeichen aus. Einmal, zweimal, dreimal…. zehnmal, elfmal: O…..! Hier ich, wer da ? (Aus Gründen des Personenschutzes wird der Name nicht ausgeschrieben) Mit krächzender Stimme trug der Sportwart seine Frage vor: Fährt der Bus nach Reutlingen? Scheinbar minutenlanges Schweigen und dann: Nö, es haben sich doch nicht genug Leute für die Reise gemeldet!
Betäubt und halb ohnmächtig beendete der Sportwart das Gespräch. Das Grauen hatte in Form eines gnadenlosen Reiseunternehmens zugeschlagen. Der Kref-Tiger, alarmiert durch das schreckensbleiche Gesicht des Sportwartes wusste auch ohne einen Ton sofort, was die Luzie geschlagen hatte: Die heiß ersehnte Reise fällt aus. Wie von Sinnen stolperten beide wortlos durch die Bochumer Innenstadt und kamen erst in der Gaststätte „Von acht bis acht“ zu sich. Ein dort anwesender Bekannter der beiden, erkannte die Situation gedankenschnell und orderte fix ein paar Fiege-Pils, damit die Geschädigten wieder zur Besinnung kommen könnten. Langsam und viele Pilsken später realisierten die unglücklichen Wanderer das Geschehene. Empörung machte sich breit und wiederum einige Pils später machten Vergeltungsmaßnahmen die Runde.
Weitere Pils wurden in die ausgemergelten Kehlen geschüttet und ein Kneipenwechsel beschlossen. In der heimischen Schenke „Zum knauserigen Griechen“ sollte weiter Kriegsrat abgehalten werden. Nach kurzem Fußmarsch wurde die Herberge erreicht und erst mal ein Begrüßungscocktail zu sich genommen. Dann kamen diverse Vergeltungsmaßnahmen besprochen. Mit Hilfe von diversen Bieren, Likören und Bismarckis kamen der Sportwart und der Kref-Tiger zu dem Entschluß: Der weise Mensch straft den Übeltäter nicht körperlich, nein, er straft ihn mit Nichtbeachtung ! Vom Zeitpunkt des Beschlusses an, gibt es für die beiden Fußballkameraden das Unternehmen Rosi-Reisen nicht mehr. Basta, Punktum und Ende. Den Rest des Tages verbrachten die, um das Reisevergnügen gebrachten armen Seelen , mit Suff und tiefschürfenden weltpolitischen Gesprächen. Irgendwie kam der Sportwart dann nach Hause, heulte sich noch bei der Sportwartin aus und fiel dann in einen dunklen, monströsen Schlaf.
Szene 5:
Samstag, 29.09.01. Aus der Gazette erfuhr der Sportwart, das sein heißgeliebter Verein, bei einem angeblichen schwächeren Gegner mit null zu drei verloren hatte. Kein Trost, aber eine kleine Abschwächung des vorrangegangenen Chaostages. Nach einem kargen Frühmahl ging der Sportwart in den heimischen Park und beteiligte sich an Gartenarbeiten. Danach bekam er eine Flasche Fiege-Pils und dann noch eine und noch zwei und…. dann war es Sonntag und
Szene 6:
der Sportwart schrieb seinen Reiseverhinderungsbericht und bereitete sich danach auf seine Konferenz mit den drei kleinen Wölfen zur Reise nach London vor. Welche garantiert nicht mit dem unaussprechlichen und geächteten Reiseunternehmen stattfinden wird.
Das Grauen hat nun ein Ende, doch zittern dem Sportwart noch die Hände.
Das kömmet wohl vom Suff, deshalb höret er jetzt uff !
Bis dem nächst in diesem Leben
Der Sportwart
Auch wenn es schwer ist, immer schön daran denken:
Einmal ein Bochumer Junge, immer ein Bochumer Junge.